Manx-Gälisch ist auf der Insel Man in der
Irischen See beheimatet - etwa im Zentrum zwischen Irland und England, zwischen Wales und Schottland
gelegen.
Die Isle of Man ist in vielen Dingen selbständig (vergleichbar den Kanal-Inseln) und untersteht
direkt der britischen Krone; sie ist nicht Mitglied der Europäischen Union. Traditionell ist
Gaelg Vanninagh (Manx) neben Englisch Landesprache, was sich aber erst seit den letzten Jahren auch
praktisch positiv für die Sprache ausgewirkt hat. Im jährlichen Freiluft-Parlament des Tynwald
werden Gesetzestexte noch immer sowohl auf English als auch auf Manx verkündet.
Eine kleine einprägsame Einführung wird auf der Regierungswebseite der Insel Man gegeben;
sie kann unter www.gov.im
hier als pdf-Datei heruntergeladen werden (2.618 KB).
Sprachliches
Gaelg Vanninagh (Manx-Gälisch) gehört zum goidelischen Zweig der keltischen Sprachen und hat
sich etwa seit dem 13. Jahrhundert aus dem lokalen irischen Dialekt selbständig entwickelt. Es
wird angenommen, dass sich Manx und Schottisch-Gälisch etwa zwei Jahrhunderte später erst
entscheidend auseinanderbewegten. Die generellen Strukturen sind in allen drei Idiomen selbstverständlich
erhalten geblieben; insbesondere idiomatische Redewendungen, Aussprache und die Assimilation fremdsprachlicher
Begriffe (meist aus dem Englischen und Skandinavischen) haben Manx jedoch sein eigenes Gesicht gegeben.
Besonders
hervorzuheben (weil offensichtlich) ist die Orthographie, die auf einer
an das Englische angelehnten Lautmalerei beruht. Die frühen Schriften in Manx waren meist
dazu ausersehen, die kirchliche Botschaft zu überbringen. Die Geistlichen (oft Engländer)
sollten es leichter haben, die Texte auszusprechen. Zum Erlernen der Sprache ist dies heutzutage
für manche ein Vorteil, die von der Vielzahl der "h"s im Irischen oder Schottisch-Gälischen
leicht verwirrt werden. Vieles von der Musik, den Liedern und Erzählungen wurde über die
Jahrhunderte nur mündlich überliefert und so manches konnte leider nicht mehr nachträglich
festgehalten worden. Ein sehr schönes erhaltenes Beispiel ist das Klagelied "Keyrrey fo
niaghtey" (Schafe unter dem Schnee), eines der einfühlsamsten Harfenlieder im keltischen
Sprachraum überhaupt. Die traditionelle Aussprache des Manx konnte glücklicherweise
in den 40er bis 70er Jahren des 20. Jahrhunderts durch die technischen Aufzeichnungsmöglichkeiten
jener Zeit auf Tonträger gesichert werden, bevor die letzten "native speakers" verstarben. Die
Kontinuität des Sprachgebrauchs war jedoch ohnehin gesichert, da bereits in den 30er Jahren eine
kleine Zahl von Enthusiasten Manx-Gälisch als Zweitsprache von diesen hochbetagten
Kulturträgern erlernen konnten.
Details zur Orthographie, Aussprache und anderen grammatikalischen
Besonderheiten des Manx-Gälischen sind (in englischer Sprache) sehr gut
unter Omniglot und
Wikipedia beschrieben. Die deutschsprachige Version von
Wikipedia ist nicht identisch und komplementär.
Geschichte
Altirisch kam ungefähr um 500 n. Chr. auf die Insel Man im Rahmen der irischen Expansionsphase und
verdrängte dabei eine brythonische Sprachgemeinschaft. Über die kommenden Jahrhunderte hinweg
wechselte die Insel stetig ihre Oberhoheit, inklusive eine vier Jahrhunderte währende
skandinavische Zeit, aus der relativ viele Ortsnamen entstammen (z. B. Snaefell, der höchste Berg
der Insel). Manx blieb aber über viele Jahrhunderte allgemeines Verständigungsmittel der
meist bäuerlichen Gesellschaft. Erst als mit dem verstärkten Handel der Kontakt insbesondere
zu England immer intensiver wurde, entstand mit dem Städtchen Doolish (Douglas) der erste "Brückenkopf" des
englischsprachigen Bürgertums.
Im 19. Jahrhundert wurde das Idiom auch im ländlichen Man durch das
übermächtige
Englisch und die Indifferenz der eigenen Sprecher mehr und mehr verdrängt, obwohl Manx nach
wie vor offizielle Funktionen besaß. Auch in den letzten manx-gälischsprachigen Dörfern
wie Cregneash wurde die Sprache aus dem Alltag verdrängt. Etwa um 1870 spätestens wuchsen die letzten Kinder
auf, die Gaelg Vanninagh als Muttersprache lernten. Damals gab es nach einer kirchlichen Schätzung
noch über 12.000 Sprecher des Manx. Die Einführung der allgemeinen
Schulpflicht in 1872 mit Englisch als ausschließlicher Unterrichtssprache erwies sich dann als der
"letzte Nagel im Sarg" einer Sprache, die damals aber schon lange von der Mehrheit ihrer
Sprecher mehr verachtet als geliebt wurde. Nur einige wenige Unverzagte stemmten sich gegen
das scheinbar Unausweichliche und gründeten im Jahre 1899 Yn Cheshaght Ghailckagh
(Die Manx-Sprachgesellschaft). In umtriebiger Weise wurde alles versucht, von der Literatur und
Musik der eigenen Sprache so viel wie irgend möglich aufzuzeichnen und zu dokumentieren.
Die Zeit lief aber schnell
davon, weil die Sprachgemeinschaft völlig überaltert war. Die erste Volkszählung, in der
nach Manx-Kenntnissen gefragt wurde, ergab 1901 noch eine Zahl von 4,419 Sprechern. Mit jedem
Census halbierte sich die Zahl bis 1961 der Tiefpunkt mit gerade einmal 165 Inselbewohnern erreicht
war, die Sprachkenntnisse in Manx vorwiesen. Die Zahl der Muttersprachler war aber bereits 1946 auf etwa
20 gesunken. Als 1974 auch noch der letzte traditionelle
Muttersprachler starb, wurde Manx von vielen Akademikern als offiziell für tot erklärt.
Die Sprache lebte aber
trotzdem weiter in einer kleinen Schar von Enthusiasten, die langsam aber stetig mehr Unterstützung
gewannen. Dabei konzentrierte sich das Lerngeschehen auf Abendkurse und informelle Gesprächsrunden in
so ungewöhnlichen Orten wie Bars und Freiluftmuseen. Besonders erfolgreich waren dabei die
Oieghyn Gaelgagh (Manx Sprachnächte) in Pubs, an denen Lernende und Sprechende sich
regelmäßig austauschten.
Im Jahre 1985 wurde Manx durch eine offizielle Resolution des Inselparlamentes Tynwald erstmalig, wenn
auch eingeschränkt politisch anerkannt. Ein Manx-Gälisch Beratungsgremium (Coonceil ny Gaelgey)
wurde ins Leben gerufen, um den offiziellen Gebrauch der Sprache zu regeln und zu standardisieren.
Bald danach konnte sogar der Staat davon
überzeugt werden, die Sprache in den Lehrplan der Schulen aufzunehmen. Im Jahre 1991 wurden
ein "Manx Language Officer" und zwei Lehrer des Manx-Gälischen beauftragt, Manx an den
Schulen anzubieten. Durchschnittlich 10 % aller Schulkinder konnten somit die Sprache ihrer
Vorfahren kennenlernen. Ein interessanter Artikel von Philip Gawne
Securing the Future of Manx Gaelic gibt zusätzliche wertvolle Informationen über die
Entwicklung der letzten 30 Jahre.
Der Beitrag (in englischer Sprache) ist
hier im vollen Wortlaut nachzulesen.
Census (Volkszählung)
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Zahl der Manx-Sprecher
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1901 1911 1921
1931 1951 1961 1971 1991 2001 2011 2021
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4,419 2,382 896 531 355
165 284 634 1,527 1,662 2,023
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Gaelg Vanninagh: Anzahl der Sprecher lt. Census von 1901 bis 2021
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Das Dreibein auf rotem Grund ist die Nationalflagge
von Ellan Vannin (Insel Man)
Kleine Tipps zur Aussprache:
Gaelg Vanninagh = Gailk Wanninnach
Mannin = Mannin (wie im Deutschen)
"Gyn chengey, gyn cheer"
"Ohne Sprache, ohne Land"
(Motto der Manx-Sprachgesellschaft
Yn Cheshaght Ghailckagh, gegründet 1899)
"Es ist eine zum Untergang verurteilte Sprache - ein Eisberg,
der in südliche Breiten schwimmt"
(Rev. Gill of Malew, um 1900)
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Gegenwart
Manx-Gälisch erscheint heute wie selbstverständlich in
zweisprachigen Straßennamen und auf offiziellen Briefköpfen der Verwaltung. Der
noch kleinen Zahl der Manx-Sprechern entsprechend ist natürlich der öffentliche
Gebrauch der Sprache noch überschaubar, aber im Ansteigen begriffen. Die Präsenz
in den Medien ist auch noch sehr eingeschränkt, sieht man einmal von einer wöchentlichen
Nachrichtenübersicht im "Manx Radio" ab. Der bedeutendste Aspekt jedoch ist, dass es
heute wieder Familien auf der Insel gibt, die ihre Kinder in der Sprache
ihrer Vorfahren erziehen. Eine manx-gälische Vorschulgruppe
Mooinjer Veggey ("Kleine Leute")
und sogar eine Grundschule Bunscoill Ghaelgagh
mit Manx-Gälisch als Unterrichtssprache ("Manx-medium Unit")
existieren bereits, in denen eine neue Generation von Sprechern heranwächst. Von akademischen
Sprachpuristen wird in diesem Zusammenhang von Neo-Manx gesprochen (weil man ja das
"alte" Manx bereits für tot erklärt hatte). Dies ist für die Förderer dieser
Entwicklung allerdings völlig unerheblich. Einige der jüngsten Mitglieder der Sprachgemeinschaft kann
man hier besuchen.
Eine detaillierte Zusammenfassung zur Lage der Sprache im Bildungswesen der Insel Man aus der Sicht des Jahres 2005 kann
hier nachgelesen werden. Im September 2005 erhielten 46 Schüler in der Bunscoill Ghaelgagh Unterricht, die fließend Manx-Gälisch sprechen konnten.
Der stetige Aufwärtstrend hält auch weiter
an. In der Volkszählung von 2011 wurden mehr als 1.600 Sprecher gezählt,
dies entsprach etwa 2 % der Inselbevölkerung. Auch wenn hier viele "passive" Sprachkenntnisse
aus der Schulzeit dokumentiert worden sind: Manx-Gälisch ist definitiv im kleinen, aber feinen
Aufwind. Totgesagte leben denn doch manchmal länger!
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"Ich bin mir sehr bewusst, dass die Nützlichkeit des folgenden Werks unterschiedlich aufgenommen
wird von meinen Landsleuten. Einige werden sich bemüßigt fühlen, die Mühe zu
verspotten, einer verfallenden Sprache neue Kraft zu verleihen. Jene, welche die Ausmerzung des Manx
als notwendigen Schritt ansehen zur allgemeinen Ausbreitung des Englischen, die sie als
essentiell zum Wohle der Insel Man ansehen, werden jede Anstrengung verdammen, welche zu einer
Verlangsamung ihrer Ausrottung führen könnte."
Archibald Cregeen (1774-1841) im Vorwort zu seinem Manx-Wörterbuch
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Zukunft
Angesichts der immer noch schmalen Basis von Menschen, die Manx-Gälisch
fließend beherrschen, ist die Zukunft der Sprache noch immer recht ungewiss. Dabei
spielt in der Tat auch eine Rolle, dass die auf der Insel Geborenen bereits gegenüber den
Neu-Zuwanderern in der Minderheit sind. Aus bisheriger Erfahrung steht nicht zu erwarten, dass
die sich im Steuer- und Rentnerparadies niederlassenden Zuwanderer sich allzusehr für die
lokale Kultur interessieren werden. Daher gibt es viel zu tun. Perspektiven zeigt
Philip Gawne auf, der im April 1998 mit seiner Arbeit als Yn Greinneyder
(Manx Language Development Officer) begann, um einen integrierten Entwicklungsplan
für die Sprache auf der Insel Man zu erarbeiten. Der Beitrag To Secure an Anchor for Our Celtic Souls:
An Integrated Development Programme for Manx Gaelic bietet Alternativen an
für die Weiterentwicklung von Manx auf der Insel in der Irischen See.
Der Text (in englischer Sprache) ist
hier nachzulesen. In jedem Falle ist ihm und seinen vielen Gleichgesinnten viel Glück
und Geschick zu wünschen - Europa könnte eine fast verloren
geglaubte Facette seiner Kultur wieder willkommen heissen.
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Die erste Grundschule mit manx-gälischer Unterrichtssprache öffnete im Jahre 2001!
(© 2010 Bunscoill Ghaelgagh) |